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Der Bürgermeister von Wien, nach Schwertfeger der mächtigste Mann im Reiche, Herr Karl Maria Laberl, fiel sozusagen um. Nicht aus eigenem Willen allerdings, sondern weil ihm sein Präsidialist Herr Kallop ein Bein stellte. Von diesem Herrn Kallop wußte man längst im Rathause, daß er eigentlich umgekehrt, das heißt Pollak, heißen müßte, weil dies der Name seines Großvaters war.

Hat sich heimlich mit einer jungen Jüdin aus Chicago vermählt. Beabsichtigt, den der österreichischen Regierung vor drei Jahren eingeräumten Kredit der jüdischen Großbank »Kuhn und Loeb« um ein Viertel zu verkaufenSchwertfeger begann in Düsterkeit zu erstarren, die antisemitischen Häuptlinge verloren vollends den Kopf. Bürgermeister Laberl aber tat etwas, was die ungeheuerste Sensation erregte.

Als dann die Versammlung der Bürgervereinigung abgehalten wurde, begrüßte sie Herr Laberl sehr feierlich, sprach von dem Ernst der Zeiten, von den Zuständen, die man nicht mehr ertragen könne und sagte schließlich: »Der Ruf nach Neuwahlen wird immer ungestümer und ich bin der letzte, der den Ruf nicht hören will.

Und so geschah es, nur daß das »Zusammenausarbeiten« darin bestand, daß Herr Laberl die Rede, die sein Präsidialist niederschrieb, auswendig lernen mußte.

Herr Kallop also war es, der den Bürgermeister zum Umfallen brachte. Er machte ihm klar, daß ein großer Umschwung bevorstehe. »So geht es nicht weiter, Herr Laberl, das ist Ihnen doch ganz klar. Es wird demnächst Unruhen geben, ernste Unruhen sogar, und eines Tages wird die Regierung sozusagen flötengehen. Wenn Sie nicht mit flötengehen wollen, so müssen Sie sich beizeiten ein wenig umdrehen.

Die Volkshalle, der große Platz vor dem Rathaus, der Ring vom Schottentor bis zur Bellaria bildeten eine einzige Menschenmauer, und um acht Uhr war es kein Rufen mehr, sondern ein Heulen aus einer Million Kehlen, das immer wieder erdröhnte. Endlich kam der große Moment. Bürgermeister Karl Maria Laberl erschien mit dem Bundeskanzler Doktor Schwertfeger auf dem Balkon.

Herr Karl Maria Laberl nickte, strich sich den schönen, weißen Bart, war von seinem überlegenen Verstand schon ganz durchdrungen, fragte aber einigermaßen ängstlich: »Lieber Kallop, das ist ja ganz richtig, was Sie da sagen und entspricht dem, was ich mir schon längst gedacht habe. Aber wie soll ich denn das machen?« »Sehr einfach, Herr Bürgermeister.

Josef Kallop, der Sohn des Advokaten, taugte in seiner Jugend nichts, konnte seine juristischen Studien nicht beenden und wurde daher mit Erfolg Magistratsbeamter. An Schlauheit den meisten seiner Kollegen turmhoch überlegen, brachte er es bald zum Präsidialisten und seit geraumer Zeit war er die rechte Hand des Bürgermeisters Laberl.

Kallop sorgte dafür, daß die Rathauskorrespondenz noch in derselben Nacht die Rede des Bürgermeisters im Wortlaut den Zeitungen übermittelte, und am nächsten Tag wußte es sogar der dümmste Kerl von Wien, daß Karl Maria Laberl den Bundeskanzler im geeigneten Moment im Stich lassen werde.

Nun, den ganzen Januar hielt diese Stimmung an, die Leute machten alle fröhliche Gesichter, ein Festkonzert folgte dem anderen und immer wieder zogen die Massen vor das Rathaus oder das Kanzlerpalais, um dem Bürgermeister Laberl und dem Doktor Schwertfeger zu huldigen.