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Aktualisiert: 11. Mai 2025
Unantastbare Verehrung zu fordern für Vergangenes und Gewesenes, oft aus gar keinem anderen Grunde als eben weil es tot und vergangen ist, scheint mir ein gewaltsames Einengen aller Kritik und daher auch der Möglichkeit einer Weiterentwicklung und führt zweifelsohne zu blinder Glorifizierung des Vergangenen und prinzipieller Verdammung alles Werdenden und Künftigen, wie sich dies auch tatsächlich in Weiningers Buch ganz auffällig zeigt: seit 150 Jahren, so behauptet er, sei Deutschland ohne großen Künstler und ohne großen Denker.
Diese Proben aus Weiningers Nachlaßwerk werden manchen vielleicht als nicht unter den Titel dieser Schrift gehörig erscheinen. Dennoch sind sie es, da sie unzweideutigen Aufschluß geben über die Stellung, die eine urteilende Intelligenz, welche sich in der Art Weiningers zum Problem der »Frau und ihrer Frage« verhalten hat, charakteristischerweise anderen Problemen gegenüber einnimmt.
Nur so vielmehr ist die Möglichkeit geboten, jenes sonderbare Phänomen zu begreifen, das in dem Auftreten und in der Erscheinung solcher großer Intelligenzen liegt, die trotz ihres Reichtums und ihrer Größe unter dem Zeichen der Verheerung stehen. »Alles, was ich geschaffen habe, wird zugrunde gehen müssen, weil es mit bösem Willen geschaffen wurde.« Dieser Ausspruch Weiningers wird in seiner letzten Schrift mitgeteilt.
Aus jenen Weiningers, die sich offensichtlich als Verkehrung, Verleugnung oder Verblendung gegenüber den Tatsachen darstellen, erhellt am schärfsten, daß sie immer identisch sein müssen und nur identisch sein können mit Vernichtungstendenzen, die das Leben zielsicher ausstoßt.
Zum Schlusse schlägt in dem Buche Weiningers ein beinahe irrsinniger Ton durch: es wird nämlich festgestellt, »daß dieses Buch die größte Ehre ist, welche den Frauen je erwiesen wurde«. Aber können uns die tollsten Sprünge wundern in einem Buche, das noch auf derselben Seite den einzigen wahrhaftigen, richtigen Ausspruch tut, der allein dem ganzen Buch ins Gesicht schlägt, der allein genügt, um es zu richten und zu werten, da es ihn als eine (verspätete) Vorschrift für andere gibt, während es ihn selbst mit Füßen trat, nämlich den Ausspruch: »Man hat die Frau als Einzelwesen und nach der Idee der Freiheit, nicht als Gattungswesen
Die Annahme liegt daher nicht fern, daß bei allem, was Weiningers große Intelligenz und geistige Elastizität erfaßte und berührte, die Sensitivität des Epileptikers das Verzerrende war, diese Sensitivität, die alles aus den natürlichen Dimensionen heraustreibt, die die Umrisse aller Dinge entstellt und verkehrt, bis ihr alles in Nacht, Wirrnis und wütender Ekstase versinkt.
Es hieße gewaltsam ersticken, was zur Aussprache drängt, wollte man unter solchen Umständen ein Thema als »ausgesungen« betrachten, besonders wenn ein Werk in den weitesten Kreisen Beachtung gefunden hat, wie das Werk Weiningers.
Ersteres wurde von Weiningers Vater in einem öffentlichen Briefe in Abrede gestellt, der Biograph berief sich aber in seiner Antwort auf die wiederholte eigene Aussage des Verstorbenen. Ein krankhafter Geist kann und wird niemals die Meinung der Welt revolutionieren. Bedeutungslos bleibt daher seine manische Verfolgung irgend eines Gegenstandes einer seiner gewöhnlich physischen »Aversionen«.
Wer zum Beispiel unerotische Kollegialität zwischen beiden Geschlechtern befürworte und durchführen könne, habe schon einen starken Einschlag des anderen Geschlechtes in sich und ist, nach Weininger, gar kein »richtiger« Mann, respektive kein richtiges Weib! Mit den Worten »richtig«, »echt«, »absolut«, »an sich« wird in Weiningers sämtlichen Ausführungen ein haarsträubender Mißbrauch getrieben.
Mancher, der stark und zielsicher auf festem Grunde wandelt, scheitert kläglich, so wie er sich darüber erheben will; dem Geiste Weiningers erging es umgekehrt; er war stark in Höhen und Tiefen: aber er verlor sich, sobald er die Erde berührte.
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