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Nur zeitweilig gab sich eine hellere, freiere Stelle und undeutlich ließen sich eingemummte Bänke erkennen. Auf einer solchen hockte die zusammengekauerte Gestalt nun, der er die ganze Zeit gefolgt war. Stoisch ließ sich Karl Pruvik neben ihr nieder und legte wie aus einer plötzlichen Eingebung heraus seinen steifen Arm um nasse, scharfe Schultern.

Durch eine glotzende Gaffergasse hastete der Portier mit steinernem, finster drohendem Gesicht auf ihn zu. "Was suchen Sie denn da? He! Sie! Sie!" schrie der Türhüter. Karl Pruvik zog wie ein gezüchtigter Hund die Schultern hoch und verbarg den Kopf völlig in seiner schlotternden Brust. "Was Sie wollen, frag' ich!?" bellte der Portier hinter ihm und packte ihn heftig am Arm, riß ihn zurück.

Schwätzendtrabten die letzten Paare vorüber. Karl Pruvik stand zögernd und benommen im glitzernden Schneegeflock.

Willenlos und ohne Grund folgte er der Erscheinung. Lange ging er so. Es mußte schon tief nach Mitternacht sein. Trist gähnten die menschenleeren Straßen und Plätze. Man stand am Rande des Stadtparkes. Die kerzengerade Gestalt verschwand zwischen den Bäumen. In der aufgeworfenen Bahn der Spur schritt Karl Pruvik weiter. Es war viel dunkler hier. Die schneebeladenen Baumäste lasteten schwer herab.

Eine Tür fiel zu. Jetzt war es leer neben ihm. Es fiel gläseriges Tageslicht durch die vergitterte Luke, als er die Augen öffnete. Ein etwas ins Rundliche gehender Schutzmann mit gemütlichem, wohlig gerötetem Gesicht stand vor ihm und sagte in friedlichem Baß: "Sie können sich wieder fertig machen. Es liegt nichts vor gegen Sie!" Karl Pruvik hob seinen übermüdeten Oberkörper auf der Pritsche.

Herkunft, Geburts und letzter Dienstort und Datum waren verzeichnet. Abgestempelte Marken klebten auf der ersten Hälfte. Der Schutzmann steckte das Papier unter den blauen Militärpaß und schlug diesen auf. "Infanterist Pruvik, Karl. 14. Regiment" orientierte die erste Seite. Das Gesicht des Schutzmanns verlor mehr und mehr die stiere Härte, hob sich etwas höher aus dem Mantelkragen. "Hm!

Abschiednehmen, Handküsse, Einladungen für das morgige Festessen, Lachen, Autovor und Abfahren alles wie ein flimmernder Hexentanz! Karl Pruvik war mittlerweile unbemerkt bis an das Eingangstor gelangt. Noch eine geschickte Finte und er hatte für heute nacht ein Dach über dem Kopf. Sein Herz schlug heftig. Es war wieder Leben in seine froststarren Glieder gekommen.

"Haben Sie denn den andern gekannt?" fragte der Schutzmann. Pruvik schüttelte dumpf den Kopf. "Hat ein paarmal eingebrochen," erzählte der Polizist beiläufig und redete weiter: "Stehn Sie dann auf und kommen Sie. Sie können wieder gehen." Karl Pruvik sah ihn verständnislos an. "Eine harte Zeit jetzt und hundekalt diesen Winter!" brummte der Schutzmann und bat Pruvik abermals aufzustehen.

Die zerfrorenen Knochen rührten sich, schmerzten, als seien sie alle einzeln abgeschlagen und bewegten sich wie in einem geplatzten Gipsverband klappernd von dannen. Erst in der Stube der Polizeistation sah Karl Pruvik, daß noch einer neben ihm stand, genau so reglos und stumpf wie er. Auf den redeten die zwei Schutzleute ein, fragten, schrien ihn an.

Lahm schmiegten sich die beiden Körper aneinander. "Kalt," murmelte es kaum hörbar aus dem Kopf, der haltlos auf seine Brust herabglitt. "Kalt," brummte Pruvik ebenso leise und schloß seine Augen. Auch sein Kopf sank herüber auf das Genick des anderen. Kein Schnee fiel mehr.