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Aktualisiert: 2. Juni 2025
Der Skandal war so groß, daß die „Netziger Zeitung“ eingriff, mit einer an die oberen Zehntausend gerichteten Warnung, nicht den umstürzlerischen Tendenzen durch Zügellosigkeit entgegenzukommen. In einem zweiten Artikel legte Nothgroschen dar, daß man unrecht tue, Reformen, wie die in Lauers Betrieb eingeführten, besonders zu rühmen. Denn was hatten die Arbeiter von der Beteiligung?
Buck nahm eine ironische Stimme an. „Ich stelle fest, daß der Zeuge eine etwas sonderbare Auffassung seiner Eidespflicht bekundet.“ Aber Nothgroschen war nicht einzuschüchtern. „Ich bin Journalist,“ erklärte er, und er setzte hinzu: „Ich bitte den Herrn Vorsitzenden, mich vor Beleidigungen des Verteidigers zu schützen.“ Sprezius ließ sich nicht bitten; und er entließ den Redakteur in Gnaden.
An der Ecke des Landgerichts stand ein Schutzmann, aber zu seinem Glück rührte er sich nicht. „Wollen Sie vielleicht etwas, Männeken?“ rief Nothgroschen, der aus Rand und Band war. „Wir telegraphieren an den Kaiser!“ Vor dem Postgebäude ward Pastor Zillich, der den schwächsten Magen hatte, von einem Unglück betroffen.
Aber Nothgroschen sah es nicht an, er starrte nur, wie entgeistert, auf Diederich, auf seine steinerne Haltung, den Schnurrbart, der ihm in die Augen stach, und die Augen, die blitzten. „Jetzt glaubte ich fast –“ stammelte Nothgroschen. „Sie haben so viel
Übrigens vergaß Nothgroschen das „elektrische Wunder“, sobald er das Haus der „Netziger Zeitung“ erblickte. „Aufhalten!“ schrie er. „Die Maschine aufhalten! Das Telegramm der nationalen Männer muß noch hinein!... Sie wollen es doch morgen früh in der Zeitung lesen“, sagte er zu einem vorübergehenden Nachtwächter. Da packte Diederich ihn fest am Arm.
Kurz, herrliche Zeiten brachen nun an für das wirtschaftliche Leben Netzigs und besonders für die Papierindustrie – zumal das Gerücht von einer Fusion des Heßlingschen Werkes mit Gausenfeld, wie aus sicherer Quelle verlautete, auf Wahrheit beruhte. Nothgroschen konnte verraten, daß Herr Doktor Heßling nur unter dieser Bedingung sich habe bewegen lassen, die Leitung Gausenfelds zu übernehmen.
„Der ist Ihnen wohl wieder mal durch einen infamen Vertrauensbruch auf den Schreibtisch geflogen?“ fragte Diederich. Nothgroschen stellte beteuernd die Hand vor sich hin. „Er ist vom Kaiser selbst zur Veröffentlichung bestimmt. Morgen früh werden Sie ihn in der Zeitung lesen. Hier ist die Druckfahne!“ „Legen Sie los, Doktor“, befahl der Major. Diederich rief: „Wieso, Doktor?
Diederich, halb betäubt, sah sich auf einmal bestürmt von Kühnchen, Zillich, Nothgroschen, die ihn beglückwünschten. Fremde Leute schüttelten ihm die Hand: die Verurteilung sei todsicher, der Lauer dürfe einpacken. Der Major Kunze erinnerte den erfolgreichen Diederich daran, daß zwischen ihnen niemals eine Meinungsverschiedenheit entstanden sei.
Und wenn Herr Lauer auf den Dank der Arbeiter gezählt hatte, konnte er sich jetzt eines Besseren belehren: vorausgesetzt, so fügte Nothgroschen hinzu, daß er im Gefängnis das sozialdemokratische Blatt zu lesen bekam. Denn das warf ihm vor, daß er durch seine leichtsinnige Majestätsbeleidigung mehrere hundert Arbeiterfamilien in ihrer Existenz gefährdet habe.
Sogar der Redakteur Nothgroschen, den er zur Rede stellte, erlaubte sich ein anzügliches Lächeln und sagte etwas von sozialen Fortschritten, die man mit nationalen Phrasen nicht aufhalte. Besonders peinlich waren die geschäftlichen Folgen. Bestellungen, auf die Diederich rechnen durfte, blieben aus.
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