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Aktualisiert: 10. Juli 2025
Nora versicherte, daß sie nur müde sei. Es war auch immer so: nach jeder größeren Anstrengung kam auf ihr bleiches Gesichtchen eine noch größere Blässe. Sie erreichte auch nur mit Mühe das Haus wieder, und nachdem sie von Friedrich die Treppen hinaufgetragen worden war, wurde sie auf das Sofa gelegt, wo sie eine Zeitlang ganz still und ohne Regung lag, um von der Anstrengung auszuruhen.
Ihr wollte sie alles erzählen, wie der Besuch abgelaufen war – eigentlich nicht so, wie sie sich vorgestellt hatte – und wie sie so gegen das Ende nicht mehr recht gewußt habe, was sie mit der Nora reden sollte. Die Tante würde gewiß gleich verstehen, wie es war, und dann die Sache schon zurechtlegen, daß die Brüder nicht spotten konnten.
Die Tante hatte ihnen erzählt, daß die Nora gestorben und in den Himmel gegangen sei, was ihnen einen tiefen Eindruck gemacht hatte, jedem in einer besonderen Weise. Fred hatte gleich eine Menge Fragen und wollte genau wissen, wie Menschen sterben und wieder leben können.
Das war nun ein ganz neuer Fall für die Mutter und setzte sie sehr in Erstaunen, denn bis jetzt war der Emmi noch nie das Wort ausgegangen in keinerlei Gesellschaft, und die Sache war der Mutter nicht recht, denn sie hatte sich so in den Gedanken eingelebt, Emmi könnte der armen Kranken manche fröhliche Stunde bereiten, und wiederum könnte der Umgang der feinen Nora auf das etwas laute und unruhige Wesen der Emmi einen sehr heilsamen Einfluß ausüben.
Wenn dann der Abend zu Ende war und das Elsli gehen mußte, kam ihm jedesmal zum Schluß noch ein trauriger Gedanke, und es sagte ängstlich: »Wenn du nur nicht einmal allein gehst, Nora, und ich zurückbleibe; was müßte ich dann machen?« Aber die Nora tröstete es jedesmal und sagte, der liebe Gott rufe ihm dann schon, wenn sie ihn im Himmel recht darum bitte, was dann das Elsli wieder beruhigte, so daß es jeden Abend mit einem glücklichen Herzen, wie es vorher nie gekannt hatte, heimkehrte.
Klarissa stockte, sie wußte ja wohl, Frau Stanhope konnte den Gedanken nicht ertragen, daß Nora sie verlassen und in den Himmel gehen könnte. Aber die Mutter hatte die letzten Worte der Klarissa wohl verstanden und schaute mit erneuter Sorge auf ihr Kind, das sie auch so blaß und müde aussehend fand, daß sie gleich darauf drang, es sollte zur Ruhe gebracht werden, was dann auch ausgeführt wurde.
Die Mutter hatte auch ein sauberes Schürzchen und ein Tüchlein um den Hals erlaubt, weil es zu der Herrschaft gehen mußte. Das schmale Gesichtchen war blaß und sah ernsthaft aus, schüchtern schauten die sanften blauen Augen zu Nora hin. Sie konnte sehen, das Kind wußte nicht, ob es in das Zimmer eintreten durfte oder nicht.
»O nein, davon werde ich nicht müde«, entgegnete das Elsli, »ich würde schon anders müde daheim, denn ich müßte gleich mit den Buben hinaus und den Hanseli auf den Arm nehmen.« »O dann weißt du gewiß gut, wie es ist, wenn man müde ist, so recht müde, nicht wahr?« fragte Nora ganz gespannt.
Emmi war sehr niedergeschlagen, denn es kam ihr nun in den Sinn, daß sie niemals mehr zu Nora zurückgekehrt war und ihr gar keine Freundlichkeit erwiesen hatte. Ganz still zogen sich heute die Kinder zurück, und als am späten Abend Mutter und Tante noch allein zusammensaßen, mußte die erstere der teilnehmenden Schwester noch den ganzen Kummer ausschütten, der ihr Herz so schwer machte.
Frau Stanhope schaute eine kleine Weile auf die Kinder, dann wurden ihre Augen naß und sie ging in das anstoßende Zimmer hinüber. »Wo hast du die frischen Blumen geholt?« fragte jetzt Nora ihren Gast. »Auf der Wiese, jetzt im Herkommen«, entgegnete Emmi; »o, jetzt hat es so viele rote Margeriten und Glitzerblumen und blaue Vergißmeinnicht, o, so viele, du solltest nur sehen, ganze Büsche!
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