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Jetzt skizziere ich noch, und Skizzen pflegt man zu nehmen, wie sie sind. Es gibt, die Humoresken und erzgebirgischen Dorfgeschichten abgerechnet, in meinen Werken keine einzige Gestalt, die ich künstlerisch durchgeführt und vollendet hatte, selbst Winnetou und Hadschi Halef Omar nicht, über die ich doch am meisten geschrieben habe. Ich bin ja mit mir selbst noch nicht fertig, bin ein Werdender.

Selbst "Winnetou", der so leicht zu lesen zu sein scheint, bedarf, wenn er sich im vierten Bande zum Schlusse neigt, eines Nachdenkens und eines Verständnisses, welches doch gewiß keinem Quartaner und keinem Backfisch zuzutrauen ist!

Oldshatterhand, der Schreiber, die Rote Wolke und die, welche den Rauchklub gegründet hatten, standen vor dem ,,Spitäle" beisammen, in ihren Sonntagsanzügen. ,,Das werdet ihr gleich spannen, daß er mitwallt. Ich selber hab Winnetou mit einer Kerze in die Kirche gehen sehen", sagte der bleiche Kapitän.

Die über seinem Zeigefinger hängende zweite Leberwurst wie eine gefährliche Giftschlange vor sich hertragend, ging er langsam weiter, den Knaben entgegen, die vor Herrn Mager geflüchtet waren. ,,Winnetou, da kommt der Duckmäuser mit einer Leberwurst", sagte einer der Knaben, und sein Mund blieb offen, rund und schwarz wie ein Mauseloch. ,,Wo denn, Rote Wolke? Wo denn?"

In Oldshatterhands eigenen Armen ist Winnetou ein paar Minuten danach gestorben . . . Die letzten Worte Winnetous müßt ihr les' . . . Ich mag ja gar nix sag . . . Und dann heißt's: Hundertmal hast du mir das Leben gerettet, mein roter Bruder Winnetou, und jetzt muß ich zu spät kommen . . . Oldshatterhand hat sogar geweint."

Der Kirchendiener erhob sich zuerst, griff dem Geistlichen von hinten unter die Arme und half ihm wieder auf die Beine. Als Winnetou allein war mit der Mutter, setzte er sich in den Sessel, wie vorher.

Die Räuber gingen die Straße vor bis zum ,,Spitäle'". Alle waren etwas angetrunken, bis auf Winnetou, der einige Schritte seitwärts nachdenklich nebenher ging. Die Räuber sahen auf das beleuchtete Ziffernblatt, zogen ihre Taschenuhren und verglichen die Zeit, es war gegen zehn Uhr. ,,Ich hab's euch ja g'sagt, es war ein Mann dagestanden. Ich hab'n genau g'sehn."

Anstatt ihrer sah Winnetou stilles, gläubiges Glück im Gesicht der Mutter, das schmal und sanft geworden war. Eine nie empfundene Weichheit ergriff ihn und die Sehnsucht, daß es immer so bleiben möge. Da sprang ihm die Angst in die Brust die Mutter werde, wenn sie die Augen aufschlage, wieder streng auf den Sessel deuten.

Er und der bleiche Kapitän hatten so lange gebohrt, gekratzt, gelockert, bis ihnen der Verschlußstein des unterirdischen Ganges zu Füßen gefallen war. ,,Andreas Steinbrecher, komme du einmal her zu mir und denke an deine Mutter. Sie ist eine ehrenwerte Frau." Jede Verantwortung ablehnend, blickte Frau Steinbrecher kalt auf Winnetou, ihren Sohn.

Der Schreiber schüttelte den Kopf: ,,Herrgott, wer hätt das vom Winnetou gedacht." Verstummt sahen die Räuber ihm nach. Die Walleute zogen vorüber, und aus Glockenläuten, Blechmusik und Böllerschüssen stachen die Altweiberstimmen heraus und hinauf in den sonnigen Himmel: ,,O Maria hilf!"