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Zu unserem Troste aber gab es Anzeichen dafür, dass trotzdem der deutsche Geist in herrlicher Gesundheit, Tiefe und dionysischer Kraft unzerstört, gleich einem zum Schlummer niedergesunknen Ritter, in einem unzugänglichen Abgrunde ruhe und träume: aus welchem Abgrunde zu uns das dionysische Lied emporsteigt, um uns zu verstehen zu geben, dass dieser deutsche Ritter auch jetzt noch seinen uralten dionysischen Mythus in selig ernsten Visionen träumt.

Wundt bemerkt, daß »unter den Wirkungen, die der Mythus allerorten den Dämonen zuschreibt, zunächst die unheilvollen überwiegen, so daß im Glauben der Völker sichtlich die bösen Dämonen älter sind als die guten«. Es ist nun sehr wohl möglich, daß der Begriff des Dämons überhaupt aus der so bedeutsamen Relation zu den Toten gewonnen wurde.

Ihm antwortete in wetteiferndem Wiederhall jener weihevoll übermüthige Festzug dionysischer Schwärmer, denen wir die deutsche Musik danken und denen wir die Wiedergeburt des deutschen Mythus danken werden!

Nun berauben sich die griechischen Philosophen eben dieses Mythus': ist es nicht, als ob sie aus dem Sonnenschein sich in den Schatten, in die Düsterkeit setzen wollten? Aber keine Pflanze geht dem Lichte aus dem Wege; im Grunde suchten jene Philosophen nur eine hellere Sonne, der Mythus war ihnen nicht rein, nicht leuchtend genug.

In ihr haben wir, wiedergeboren aus der Musik, den tragischen Mythus und in ihm dürft ihr Alles hoffen und das Schmerzlichste vergessen! Das Schmerzlichste aber ist für uns alle die lange Entwürdigung, unter der der deutsche Genius, entfremdet von Haus und Heimat, im Dienst tückischer Zwerge lebte. Ihr versteht das Wort wie ihr auch, zum Schluss, meine Hoffnungen verstehen werdet.

Aber auch mit jener Deutung, die Aeschylus dem Mythus gegeben hat, ist dessen erstaunliche Schreckenstiefe nicht ausgemessen: vielmehr ist die Werdelust des Künstlers, die jedem Unheil trotzende Heiterkeit des künstlerischen Schaffens nur ein lichtes Wolken- und Himmelsbild, das sich auf einem schwarzen See der Traurigkeit spiegelt.

Schauen wir jetzt, mit der Fackel dieses Gedankens, auf Sokrates hin: so erscheint er uns als der Erste, der an der Hand jenes Instinctes der Wissenschaft nicht nur leben, sondern was bei weitem mehr ist auch sterben konnte: und deshalb ist das Bild des sterbenden Sokrates als des durch Wissen und Gründe der Todesfurcht enthobenen Menschen das Wappenschild, das über dem Eingangsthor der Wissenschaft einen Jeden an deren Bestimmung erinnert, nämlich das Dasein als begreiflich und damit als gerechtfertigt erscheinen zu machen: wozu freilich wenn die Gründe nicht reichen, schliesslich auch der Mythus dienen muss, den ich sogar als nothwendige Consequenz, ja als Absicht der Wissenschaft soeben bezeichnete.

Es ist die Todesgöttin, die den verstorbenen Helden vom Kampfplatze wegträgt, wie die Walküre in der deutschen Mythologie. Ewige Weisheit im Gewand des uralten Mythus rät dem alten Manne, der Liebe zu entsagen, den Tod zu wählen, sich mit der Notwendigkeit des Sterbens zu befreunden.

"Die Spitze der Weisheit kehrt sich gegen den Weisen: Weisheit ist ein Verbrechen an der Natur": solche schreckliche Sätze ruft uns der Mythus zu: der hellenische Dichter aber berührt wie ein Sonnenstrahl die erhabene und furchtbare Memnonssäule des Mythus, so dass er plötzlich zu tönen beginnt in sophokleischen Melodieen!

Dieser edlen Täuschung vertrauend darf sie jetzt ihre Glieder zum dithyrambischen Tanze bewegen und sich unbedenklich einem orgiastischen Gefühle der Freiheit hingeben, in welchem sie als Musik an sich, ohne jene Täuschung, nicht zu schwelgen wagen dürfte. Der Mythus schützt uns vor der Musik, wie er ihr andrerseits erst die höchste Freiheit giebt.