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Aktualisiert: 2. Juni 2025


Was wir sind, tun, sagen, schreiben oder lesen, steht in einem unauflöslichen Zusammenhang. Erste Erkundungen der Geschichte oder das persönliche Fragen nach dem Verlauf vergangener Ereignisse beruhen auf Mündlichkeit, beziehen den Mythos mit ein und münden schließlich in den Versuch, Ereignisse an Ort und Zeit zu knüpfen.

Hinweise können aus Autorennamen oder aus historischen Kenntnissen gewonnen werden. Niemals aber kann es den gegenseitigen Austausch eines mündlichen Gesprächs geben, das gemeinsame Bemühen der gegenwärtigen Kommunikationspartner. Wie komplex Schrift auch immer sein mag, es fehlt ihr doch die interaktive Komponente der Mündlichkeit.

Die Annahme, daß etwas erkannt oder bemerkt wird, ist die minimale Voraussetzung dafür, daß etwas als Ausdruck gilt. Die mit dem Schreiben verbundenen Annahmen sind andere als die der Mündlichkeit. Sie umfassen strukturale Merkmale der praktischen Erfahrungen, innerhalb derer die schreibenden Menschen ihre Identität setzen.

In mancherlei Hinsicht macht die Eltern-Kind-Beziehung dieses Kindheitsstadium der Menschheit sinnfällig. In der jenseits der Schriftkultur sich abzeichnenden neuen Mündlichkeit wird dieselbe Eins-zu-Eins-Relation durch Segmentierungsstrategien erreicht. Sprecher und Hörer teilen Raum und Zeit und damit Vergangenheit, Gegenwart und bis zu einem gewissen Grad Zukunft.

Im mündlichen Stadium der Sprache war die Vergangenheit eine spezifische Form der Gegenwart genau wie die Zukunft, da die Sprache über keine Möglichkeiten verfügte, das Wort auf eine Zeitachse zu projizieren. Mündlichkeit ist daher an festgelegte Existenz- und Lebensrahmen gebunden.

Im Sprachraum der zahlreichen chinesischen Sprachen wird dies deutlicher als in den westlichen Sprachen. Die ideographische Schrift des Chinesischen, welche die vielen gesprochenen Dialekte in sich vereinigt, hat ihre Konkretheit und damit die Tradition als einen bewährten Zugang zur Welt bewahrt. So ist auch die chinesische Kultur vergleichsweise stark durch Mündlichkeit geprägt.

Der Wechsel von der Mündlichkeit zur praktischen Erfahrung der geschriebenen Sprache wirkte sich auf viele Aspekte der menschlichen Interaktion aus. Die Schrift brachte einen Referenzrahmen mit sich, Möglichkeiten des Vergleichs und der Bewertung, und damit überhaupt eine Vorstellung von Wert, als Ergebnis einer Wahl unter einer begrenzten Anzahl von Optionen.

Eine derartige Erfahrung bietet eine neue Plattform für vermehrte Mündlichkeit unter Bedingungen, die nicht mehr der Schriftkultur eigen sind, sondern aus neuen Technologien jenseits der Praxis der Schriftkultur hervorgehen und daher eine erhöhte Effizienz aufweisen.

Wie relevant der in dieser Kritik betonte Gegensatz zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit für die Phänomene unserer Zeit ist, bedarf einer ausführlicheren Erörterung. Seit der Zeit, in der die erwähnte Kritik an der Schriftlichkeit geäußert wurde, hat sich die Sprache so sehr verändert, daß wir die Texte jener Zeit nur in kommentierten Übersetzungen lesen können.

Das Stadium der Mündlichkeit legt dabei Zeugnis ab für begrenzte, zirkuläre Erfahrungen und entspricht einer noch nicht zur Seßhaftigkeit gefundenen Lebensform, in der der Mensch nach Wohlergehen und Sicherheit strebte. Sie beruhte weitgehend auf dem lebendigen Gedächtnis und schlug sich im Ritual nieder.

Wort des Tages

ibla

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