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Die Polyphonie Vielstimmigkeit ist eine Kunst der linear bewegten Fläche. Das artistische Problem liegt in der Vereinigung von organischer Selbständigkeit der Einzelstimme mit strenger Gebundenheit des Ganzen.

Es handelt sich vielmehr um einen neuen, elementar bedingten Durchbruch der polyphonen Musikauffassung, die als solche der vorklassischen Zeit nähersteht als der klassischen, im übrigen ihrer stilgesetzlichen Besonderheit nach von der Polyphonie Bachs mindestens ebenso weit entfernt ist wie diese etwa von der polyphonen Kunst des Mittelalters.

Die innere Bewegung der Harmonie, ihr gesetzmäßiger Ablauf gibt die inneren Richtpunkte für die Melodie, ähnlich und doch ganz anders wie in der Polyphonie die konstruktive Idee der Gesamtform den Wuchs des thematischen Gedankens beeinflußte.

Allgemein gesprochen, ohne damit bestimmte historische Umgrenzungen festlegen zu wollen, kann man sagen, daß Zeiten mit vorwiegend religiös gerichtetem Geistesleben in der Musik der Polyphonie, solche mit verweltlichter Interessenrichtung der Homophonie zuneigen werden. Die letzte große polyphone Kunst der Neuzeit war die Musik Bachs.

Linear sich entfaltende Polyphonie mit dem Ziel flächenhafter Ausbreitung und Zusammenfassung, melodische Homophonie, gestützt auf den imaginären Unterbau der harmonisch räumlichen Tiefe waren zwei in sich grundverschiedene Arten der Klanggestaltung, schöpferische Kundgebungen zweier in sich selbständiger, mit eigener Kraft des Schauens und Formens begabter Zeitalter.

Damit gelangt die Musik durch das Mittel der Polyphonie wieder zu einer Homophonie zurück, von der der romantische Musikästhetiker meint, daß man sie sich in Wahrheit überhaupt nicht vorstellen könnte. Und doch liegt in der Aufgabe, diese Vorstellungsgabe zu gewinnen, der Kern der musikalischen Probleme unserer Zeit.

Als Sprachmittel ist die Orgel mit der reichgegliederten und doch im Charakter gleichartigen Fülle ihrer Klangschichtungen das typische instrumentale, der vielstimmige Chor mit seinen artverwandten Stimmindividuen das vokale Ausdruckselement der Polyphonie.

Dieser Zerstörungskeim lag in der klassischen Kunst der melodischen Homophonie eingeschlossen, ähnlich wie die immer höher gesteigerte Individualbelebung schließlich zur Auflösung der Polyphonie geführt hatte. Nun haben wir den Kreis des Einzelwesens umschritten und ausgeforscht, das Individuum als solches ist wieder einmal im Lauf der Menschheitsgeschichte erkannt.

Die Polyphonie unseres Lebens, die an sich kein Glück, wohl aber eine Stufe ist, duldet keine Rückkehr zur einstimmigen Melodie. Dies sind nur Bilder und Vergleiche. Des Beweises bedürfen wir nicht; denn in uns eingepflanzt ist der Drang nach oben, in Sehnsucht, Wollen und Handeln. Ein Denken, das diesen Drang zu vernichten strebt, macht uns zu Verzagten des Gewissens, zu Stümpern des Tuns.

Zeitalter der Vergleichung. je weniger die Menschen durch das Herkommen gebunden sind, um so grösser wird die innere Bewegung der Motive, um so grösser wiederum, dem entsprechend, die äussere Unruhe, das Durcheinanderfluten der Menschen, die Polyphonie der Bestrebungen. Für wen giebt es jetzt noch einen strengeren Zwang, an einen Ort sich und seine Nachkommen anzubinden?