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Aktualisiert: 8. Juni 2025
Sie sind unter ihr; denn ihnen fehlet das Unterrichtende; es wäre denn, daß man ihre Widersprüche selbst, das Lächerliche oder die unglücklichen Folgen derselben, zum Unterrichtenden machte, welches jedoch Marmontel bei seinem Soliman zu tun offenbar weit entfernt gewesen. Einem Charakter aber, dem das Unterrichtende fehlet, dem fehlet die Absicht.
Zweitens, weil das Lehrreiche nicht in den bloßen Faktis, sondern in der Erkenntnis bestehet, daß diese Charaktere unter diesen Umständen solche Fakta hervorzubringen pflegen und hervorbringen müssen. Gleichwohl hat es Marmontel gerade umgekehrt. Daß es einmal in dem Seraglio eine europäische Sklavin gegeben, die sich zur gesetzmäßigen Gemahlin des Kaisers zu machen gewußt: das ist das Faktum.
Wenn Marmontel und Voltaire nicht Erzählungen und Märchen geschrieben hätten, so würde das französische Theater eine Menge Neuigkeiten haben entbehren müssen. Am meisten hat sich die komische Oper aus diesen Quellen bereichert.
Marmontel sagt: "Soliman war ein zu großer Mann, als daß er die kleinen Angelegenheiten seines Seraglio auf den Fuß wichtiger Staatsgeschäfte hätte treiben sollen." Sehr wohl; aber so hätte er auch am Ende wichtige Staatsgeschäfte nicht auf den Fuß der kleinen Angelegenheiten seines Seraglio treiben müssen.
Allein Marmontel muß sicherlich auch diesen seinen Vorsatz während der Ausarbeitung vergessen haben; fast nichts zielet dahin ab; man sieht nicht den geringsten Versuch einiger Gewaltsamkeit von seiten des Sultans; er ist gleich bei den ersten Insolenzen, die ihm die galante Französin sagt, der zurückhaltendste, nachgebendste, gefälligste, folgsamste, untertänigste Mann, la meilleure pâte de mari, als kaum in Frankreich zu finden sein würde.
Genug, daß Marmontel hierauf eine von seinen moralischen Erzählungen gegründet, in der er aber jene Sklavin, die eine Italienerin soll gewesen sein, zu einer Französin macht; ohne Zweifel, weil er es ganz unwahrscheinlich gefunden, daß irgendeine andere Schöne, als eine französische, einen so seltnen Sieg über einen Großtürken erhalten können.
Also nur gerade heraus; entweder es liegt gar keine Moral in dieser Erzählung des Marmontel, oder es ist die, auf welche ich, oben bei dem Charakter des Sultans, gewiesen: der Käfer, wenn er alle Blumen durchschwärmt hat, bleibt endlich auf dem Miste liegen.
Marmontel fängt seine Erzählung mit der Betrachtung an, daß große Staatsveränderungen oft durch sehr geringfügige Kleinigkeiten veranlaßt worden, und läßt den Sultan mit der heimlichen Frage an sich selbst schließen: Wie ist es möglich, daß eine kleine aufgestülpte Nase die Gesetze eines Reiches umstoßen können?
Von Voltairen bis zu Marmontel und von Marmontel bis tief herab zu Cordier haben fast alle an diesem Pranger gestanden. Wie manches Armesündergesichte muß daruntergewesen sein! Der Posse ging endlich so weit, daß sich die Ernsthaftern von der Nation selbst darüber ärgerten. Der sinnreiche Einfall des weisen Polichinell ist bekannt.
Doch da ich dieses in dem Werke des Marmontels nicht finde, so kann ich es zufrieden sein, daß man ihm auch jenes nicht für genossen ausgehen läßt. Wer uns nicht schadlos halten kann oder will, muß uns nicht vorsätzlich beleidigen. Und hier hat es wirklich Marmontel, es sei nun nicht gekonnt, oder nicht gewollt.
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