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Aktualisiert: 25. Juni 2025
Aber wir müssen hier innehalten, sonst vergessen wir vielleicht wirklich, daß Hanold und die Gradiva nur Geschöpfe des Dichters sind. Anzeige.
Nein, versuchen wir's auf einem anderen Wege. Vielleicht knüpfen wir an den Rückstand an, den der Traum im wachen Leben Hanolds zurückläßt. Es war bisher eine Phantasie von ihm gewesen, daß die Gradiva eine Pompejanerin gewesen sei. Jetzt wird ihm diese Annahme zur Gewißheit, und die zweite Gewißheit schließt sich daran, daß sie dort im Jahre 79 mit verschüttet worden sei.
Sicher habe er dies indess in dem Menschengedränge um sie her nicht feststellen können, und ihn wohl eine Augentäuschung befallen gehabt, da ihm vorgekommen sei, als ob auch ihre Gesichtszüge etwas denen der Gradiva geähnelt hätten.
Auf diese Weise werde der eigentliche unbewußte Inhalt des Traumes, die verliebte Sehnsucht nach der einst gekannten Zoë, in den manifesten Inhalt vom Untergang Pompejis und vom Verlust der Gradiva umgestaltet. Ich meine, das klingt so weit ganz plausibel.
Durch diese Wahrnehmung wurde er bei Tag zu einer Abänderung in seinem Wahn veranlaßt, die Gradiva versinke nicht im Boden, wenn sie seinen Blicken entschwinde, sondern begebe sich auf diesem Wege in ihre Gruft zurück. In seinem unbewußten Denken mochte er sich sagen, er habe jetzt die natürliche Erklärung für das überraschende Verschwinden des Mädchens gefunden.
Ein anderes Rätsel gibt uns der Dichter auf, indem er den Traum, die Entdeckung der vermeintlichen Gradiva auf der Straße und die Entschließung zur Reise durch den Einfluß des singenden Kanarienvogels wie Zufälligkeiten ohne innere Beziehung aufeinander folgen läßt.
Halten wir uns an diese beiden Regeln, so müssen wir schließen, der Traum gebe eine Auskunft über den Verbleib der gesuchten Gradiva, die sich mit der Wirklichkeit deckt. Wir kennen nun den Traum Hanolds; führt die Anwendung der beiden Regeln auf ihn zu irgend einem vernünftigen Sinne? Merkwürdigerweise ja.
Es handelte sich für ihn um eine kritische Urtheilsabgabe, ob der Künstler den Vorgang des Ausschreitens bei der Gradiva dem Leben entsprechend wiedergegeben habe. Darüber vermochte er nicht ins Klare zu gelangen, und seine reichhaltige Sammlung von Abbildungen antiker plastischer Werke verhalf ihm ebenfalls nicht dazu.
Er sah und hörte nichts, doch fühlte an geheimen Schwingungen seines Innern, dass Pompeji in der Mittagsgeisterstunde rings um ihn her zu leben begonnen hatte, und so lebte in ihr auch die Gradiva wieder und war in das Haus gegangen, das sie vor dem verhängnissvollen Augusttage des Jahres 79 bewohnt hatte.
Die latenten Traumgedanken, die unbewußt bleiben müssen, wollen dies Bild in die Lebende zurückverwandeln; sie sagen ihm etwa im Zusammenhalt mit dem vorigen: Du interessierst dich doch nur für das Relief der Gradiva, weil es dich an die gegenwärtige, hier lebende Zoë erinnert. Aber diese Einsicht würde, wenn sie bewußt werden könnte, das Ende des Wahnes bedeuten.
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