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Aktualisiert: 4. Juni 2025
Die „Netziger Zeitung“ brachte ihn auch, obwohl sie vor zwei Tagen aus der Feder des Herrn Doktors Heuteufel eine überaus warme Empfehlung des Säuglingsheims gebracht hatte. Denn, wie der Redakteur Nothgroschen hinzusetzte, das Organ des gebildeten Bürgertums war es seinen Abonnenten schuldig, an jede neu auftauchende Idee vor allem den Prüfstein seines Kulturgewissens zu legen.
Diederich erklärte dies, mit bekümmerter Miene, für tief bedauerlich – während Jadassohn sich über die „Netziger Zeitung“ entrüstete, die frohlockt hatte, weil in den Stücken der letzten Saison vier uneheliche Kinder vorgekommen seien, und die das für einen Fortschritt hielt!
Die „Netziger Zeitung“ trug der veränderten Lage noch in anderer, sehr bezeichnender Weise Rechnung. Ihr Direktor Tietz wandte sich an das Heßlingsche Werk wegen eines Teils der Papierlieferung. Die Auflage sei gestiegen und Gausenfeld zur Zeit überlastet. Diederich sagte sich sofort, daß dahinter der alte Klüsing selbst stecke. Er war beteiligt an der Zeitung, ohne ihn geschah dort nichts.
Die „Netziger Zeitung“ stellte einen Sieg der „Partei des Kaisers“ fest, denn ihr verdanke man es, daß eine Hochburg des Freisinns gefallen sei – womit aber Nothgroschen weder große Befriedigung noch lauten Widerspruch weckte. Die eingetretene Tatsache fanden alle natürlich, aber gleichgültig. Nach dem Rummel der Wahlzeit hieß es nun wieder Geld verdienen.
Das Blatt Seiner Majestät war über das mutige Auftreten des Netziger Stadtverordneten Doktor Heßling des Lobes voll. Es stellte mit Genugtuung fest, daß der neue, entschlossen nationale Geist, für den der Kaiser eintrete, nunmehr auch im Lande Fortschritte mache.
Wirklich national empfinden kann man eben doch nicht mit solchen Ohren.“ Zu Hause nahm er sogleich den Berliner „Lokal-Anzeiger“ vor. Da waren schon die Kaiseranekdoten für die „Netziger Zeitung“ von morgen. Vielleicht kamen sie auch erst übermorgen, für alle war dort nicht Platz. Aber er suchte weiter; seine Hände zitterten ... Da!
Übrigens vergaß Nothgroschen das „elektrische Wunder“, sobald er das Haus der „Netziger Zeitung“ erblickte. „Aufhalten!“ schrie er. „Die Maschine aufhalten! Das Telegramm der nationalen Männer muß noch hinein!... Sie wollen es doch morgen früh in der Zeitung lesen“, sagte er zu einem vorübergehenden Nachtwächter. Da packte Diederich ihn fest am Arm.
„Aber ein Netziger Papierfabrikant?“ fragte er. Er war nicht gestürzt, er hatte wieder Boden unter den Füßen! Nun sah alles sich nach Diederich um, und man lächelte sogar. Auch Emmi und Magda lächelten. Buck hatte seine Wirkung, und Diederich mußte sich leider sagen, daß ihr gestriges Gespräch auf der Straße hierfür die Generalprobe gewesen sei. Er duckte sich unter dem offenen Hohn des Redners.
„Niemals, Herr Präsident, werde ich meine nationale Gesinnung so sehr verleugnen, daß ich an eine Zeitung liefere, solange noch freisinniges Geld drin ist.“ „Na schön.“ Wulckow stemmte die Fäuste auf die Schenkel. „Jetzt brauchen Sie nichts mehr zu sagen. Sie wollen bei der Netziger Zeitung das Ganze. Die Kreisblätter wollen Sie auch. Wahrscheinlich auch die Papierlieferungen für die Regierung.
„Tatsächlich“, bemerkte sie, „sollte man kaum glauben, daß dies Haus seinerzeit nicht für eine wirklich vornehme Gesellschaft gebaut worden ist, sondern nur für die guten Netziger Bürger.“ Sie lächelte nachsichtig. „Ja, das ist komisch“, bestätigte Diederich mit einem Kratzfuß. „Aber heute können sich zweifellos nur Frau Gräfin hier ganz zu Hause fühlen.“
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