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Aktualisiert: 1. Mai 2025
Die wirkliche Nachtigall ward aus Land und Reich verwiesen; der Kunstvogel aber hatte seinen Platz auf einem seidenen Kissen, unmittelbar neben dem Bette des Kaisers. Alle Geschenke, die er erhalten hatte, Gold und Edelsteine, lagen rings um ihn her, und im Titel war er bereits bis zum „Kaiserlichen Nachttischsänger“ mit dem Range eines Rates erster Klasse aufgestiegen.
Nur einmal des Jahres durfte man den Kunstvogel singen lassen, und schon das war ein großes Wagnis. Dann aber hielt der Spielmeister eine kleine Rede und versicherte, daß es noch ebenso gut wäre wie früher, und dann war es auch ebenso gut wie früher.
„Immer mußt du bei mir bleiben!“ sagte der Kaiser; „du sollst nur singen, wenn du willst, und den Kunstvogel schlage ich in tausend Stücke!“ „Thue das nicht!“ sagte die Nachtigall. „Er hat gethan, was er zu thun vermochte; behalte ihn auch fernerhin.
Aber eines Abends, als der Kunstvogel gerade am besten sang, und der Kaiser im Bette lag und zuhörte, ging es inwendig im Vogel: „Schwupp!“ Da sprang etwas: „Schnurrrrr!“ Alle Räder liefen herum, und dann schwieg die Musik. Der Kaiser sprang sogleich aus dem Bette und ließ seinen Leibarzt holen, aber was konnte der helfen!
Steif und bleich lag er in dem prächtigen Bette mit den langen Sammetvorhängen und den schweren Goldquasten. Hoch oben stand ein Fenster offen und der Mond schien herein auf den Kaiser und den Kunstvogel. Der arme Kaiser konnte kaum noch atmen, es war ihm, als ob etwas auf seiner Brust läge. Er schlug die Augen auf und da sah er, daß es der Tod war, der auf seiner Brust saß.
So mußten sie denn zusammen singen, aber es wollte nicht recht gehen, denn die wirkliche Nachtigall ging auf ihre Art und der Kunstvogel ging auf Walzen. „Der trägt nicht die Schuld!“ sagte der Spielmeister, „der ist besonders taktfest und ganz aus meiner Schule!“ Nun sollte der Kunstvogel allein singen.
Auf der Schwarzwälder Uhr hatte eben der kleine Kunstvogel zehnmal unter Flügelschlagen sein "Kuckuck" gerufen, und Richard holte den großen Schlüssel aus seiner Schlafkammer, um, wie jeden Abend, das Hoftor in der Mauer abzuschließen. Als unten auf dem Flur Franziska aus der Küche trat, haschte er im Dunkeln ihre Hand und zog sie mit sich auf den Hof hinab.
Niemand hatte bemerkt, daß sie zum offenen Fenster hinausgeflogen war, fort zu ihren grünen Wäldern. „Aber was ist denn das?“ rief der Kaiser; und alle Hofleute schalten und meinten, die Nachtigall wäre ein höchst undankbares Tier. „Den besten Vogel haben wir doch!“ trösteten sie sich und so mußte der Kunstvogel wieder singen.
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