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So traf ihn der Briefträger, der in der allgemeinen Aufregung unbemerkt durch die nachlässig geschlossene Thür in die Wohnung gelangt war. Behn streckte, ohne aufzusehen, den linken Arm nach dem Brief aus. "Mi is nich god", sagte er, wie entschuldigend. "Macht woll die Luft, Herr Behn", meinte der Briefträger. "So gewitterig heute." Frau Behn kam hinzu und nahm ihrem Mann den Brief ab.

Kaufkraft und Muskelkraft, das sind ja die Kräfte, vor denen die Weiber Respekt haben. Lulu Behn hatte sich vergeblich gesträubt, mit zum Rennen zu fahren. Sie hatte Kopfschmerz vorgeschützt, ihr häufiges Uebel, aber der Vater hatte es nicht gelten lassen wollen und gemeint, das gäbe sich unterwegs, in frischer Luft, am besten.

Die Rücksicht auf das kranke Kind mochte sie mit bestimmt haben, das ohne sorgfältigste Pflege nicht gedeihen konnte. Starb es aber, so waren ihr die tausend Mark von Behn noch lieber, als selbst Beuthien. Welch ein Vermögen, tausend Mark! Behn hatte sie ihr bar auf den Tisch gezählt, zehn Hundert Markscheine.

Noch immer saß Behn in unveränderter Stellung, wie schlafend. Da wurde leise die Thür geöffnet, und die halblaute Stimme der Frau Behn rief nach ihm. Mit fast pfeifendem Laut rang sich ein tiefer Atemzug aus der Brust des Mannes, aber er rührte sich nicht. Sie trat zu ihm und legte ihm leise den Arm auf die Schulter. "Johannes!"

"Fräulein Behn will Maß genommen haben." Mit Metermaß und ihrem Notizbüchlein folgte Therese. Mimi saß am runden Sophatisch. Sie hatte die niedrige Lampe aus bläulichem Milchglas dicht vor sich gerückt und war beschäftigt, die dünnen, schmiegsamen Stahlstäbchen in der Taille eines hellen Mädchenkleides zu befestigen.

"So?" zweifelte Therese. "Pechschwarz, und 'n Loch war auch drin," eiferte die Tante. "Das kannst Du von hier sehen?" wunderte sich das Mädchen. "Na, jedenfalls würd' ich mich schämen, mit solchen Strümpfen auszufahren," lenkte die Wittfoth ein. "Und noch dazu auf'n Ostern." Lulu Behn entsprach so ziemlich ihrem Ruf.

Schon in den ersten Tagen des Mai konnte der alte Behn auf dem Holsteinischen Baum, einem Bier- und Tanzetablissement in der Nachbarschaft, sein Glas Grogk im Freien, unter der breiten, glasbedachten Veranda, trinken und den Uebergang von diesem Wintergetränk zum sommerlichen Trunk kühlen Augustinerbräus bewerkstelligen.

Aus diesem Kampf um seine Anerkennung erwuchs ihr Interesse für ihn zu einer fast krankhaften Leidenschaft. Fuhr er aus, er mußte immer an ihrem Hause vorbei, war sie gewiß am Fenster. Sie lauerte ihm förmlich auf. Der junge Beuthien war begehrliche Blicke gewohnt. Er wußte bald, wie er mit Fräulein Lulu Behn daran war. Aber er hatte auch seinen Stolz. Sie gefiehl ihm wohl.

Ein Blick auf die Straße zeigte ihr, daß im Parterre gegenüber Lulu Behn wieder ihrer Gewohnheit nach am Fenster rekelte. "Immer as'n Blomenpott vor't Finster", sagte sie und ließ die Rouleaux herunter, um jener einen Einblick zu versperren. Beuthien schien ihre Bemerkung überhört zu haben. Im Begriff, sich zu setzen, kam ihr der Einfall, ihm eine Tasse Kaffee anzubieten.

Im Grunde kannte sie ihre Pappenheimer nur sehr oberflächlich und war nicht weniger als Hermann erstaunt, Lulu Behn mit dem jungen Droschkenkutscher in solcher Intimität auf dem Tanzboden zu treffen, denn die Jugendbekanntschaft der beiden war ihr fremd. Mimi, neben Lulu die "vornehmste" Erscheinung unter allen "Damen", war viel begehrt und konnte nicht genug vom Tanzen bekommen.