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Somit hatte die Anwendung einiger Regeln der Traumdeutung auf den ersten Traum Hanolds den Erfolg gehabt, uns diesen Traum in seinen Hauptzügen verständlich zu machen und ihn in den Zusammenhang der Erzählung einzufügen. Er muß also wohl vom Dichter unter Beachtung dieser Regeln geschaffen worden sein?

So kann sie mit ihren Reden einerseits in der Rolle verbleiben, die ihr der Wahn Hanolds anweist, anderseits an die wirklichen Verhältnisse rühren und im Unbewußten Hanolds das Verständnis für dieselben wecken.

Er kennt das Wesen des Wahnes eben besser als seine Kritiker, er weiß, daß eine Komponente von verliebter Sehnsucht mit einer Komponente des Sträubens zur Entstehung des Wahnes zusammengetreten sind, und er läßt das Mädchen, welches die Heilung unternimmt, die ihr genehme Komponente im Wahne Hanolds herausfühlen.

Die Reise Hanolds war also von Anfang an darauf angelegt, dem Wahne zu dienen, und sollte ihn nach Pompeji bringen, um die Nachforschung nach der Gradiva dort fortzusetzen. Wir erinnern, daß vor und unmittelbar nach dem Traum diese Nachforschung ihn erfüllte, und daß der Traum selbst nur eine von seinem Bewußtsein erstickte Antwort auf die Frage nach dem Aufenthalt der Gradiva war.

Kennzeichen des Verdrängten bleibt eben, daß es sich trotz seiner Intensität nicht zum Bewußtsein zu bringen vermag. In dem Falle Hanolds handelt es sich also von dem Auftauchen des Reliefs an um ein verdrängtes Unbewußtes, kurzweg um ein Verdrängtes.

Anders hatte es sich bei dem jungen Manne gewendet. Die Altertumswissenschaft kam über ihn und ließ ihm nur Interesse für Weiber aus Stein und Bronze übrig. Die Kinderfreundschaft ging unter, anstatt sich zu einer Leidenschaft zu verstärken, und die Erinnerungen an sie gerieten in so tiefe Vergessenheit, daß er seine Jugendgenossin nicht erkannte und nicht beachtete, wenn er sie in der Gesellschaft traf. Zwar, wenn wir das weitere überblicken, dürfen wir in Zweifel ziehen, ob »Vergessenheit« die richtige psychologische Bezeichnung für das Schicksal dieser Erinnerungen bei unserem Archäologen ist. Es gibt eine Art von Vergessen, welche sich durch die Schwierigkeit auszeichnet, mit welcher die Erinnerung auch durch starke äußere Anrufungen erweckt wird, als ob ein innerer Widerstand sich gegen deren Wiederbelebung sträubte. Solches Vergessen hat den Namen »Verdrängung« in der Psychopathologie erhalten; der Fall, den unser Dichter uns vorgeführt, scheint ein solches Beispiel von Verdrängung zu sein. Nun wissen wir ganz allgemein nicht, ob das Vergessen eines Eindruckes mit dem Untergang von dessen Erinnerungsspur im Seelenleben verbunden ist; von der »Verdrängung« können wir aber mit Bestimmtheit behaupten, daß sie nicht mit dem Untergang, dem Auslöschen der Erinnerung zusammenfällt. Das Verdrängte kann zwar in der Regel sich nicht ohne weiteres als Erinnerung durchsetzen, aber es bleibt leistungs- und wirkungsfähig, es läßt eines Tages unter dem Einfluß einer äußeren Einwirkung psychische Abfolgen entstehen, die man als Verwandlungsprodukte und Abkömmlinge der vergessenen Erinnerung auffassen kann, und die unverständlich bleiben, wenn man sie nicht so auffaßt. In den Phantasien Norbert Hanolds über die Gradiva glaubten wir bereits die Abkömmlinge seiner verdrängten Erinnerungen an seine Kinderfreundschaft mit der Zoë Bertgang zu erkennen. Mit besonderer Gesetzmäßigkeit darf man eine derartige Wiederkehr des Verdrängten erwarten, wenn an den verdrängten Eindrücken das erotische Fühlen eines Menschen haftet, wenn sein Liebesleben von der Verdrängung betroffen worden ist. Dann behält der alte lateinische Spruch recht, der vielleicht ursprünglich auf Austreibung durch äußere Einflüsse, nicht auf innere Konflikte gemünzt ist: Naturam furca expellas, semper redibit. Aber er sagt nicht alles, kündigt nur die Tatsache der Wiederkehr des Stückes verdrängter Natur an, und beschreibt nicht die höchst merkwürdige Art dieser Wiederkehr, die sich wie durch einen tückischen Verrat vollzieht. Gerade dasjenige, was zum Mittel der Verdrängung gewählt worden ist wie die »furca« des Spruches

Halten wir uns an diese beiden Regeln, so müssen wir schließen, der Traum gebe eine Auskunft über den Verbleib der gesuchten Gradiva, die sich mit der Wirklichkeit deckt. Wir kennen nun den Traum Hanolds; führt die Anwendung der beiden Regeln auf ihn zu irgend einem vernünftigen Sinne? Merkwürdigerweise ja.

In den Gesprächen mit Hanold ist der Doppelsinn meist dadurch hergestellt, daß Zoë sich der Symbolik bedient, welche wir im ersten Traume Hanolds befolgt fanden, der Gleichstellung von Verdrängung und Verschüttung, Pompeji und Kindheit.

Die Eifersucht ist ein weiteres Zeichen der erwachenden Aktivität Hanolds in der Liebe; er äußert diese Eifersucht zu Eingang der Unterredung am nächsten Tage und setzt es dann mit Hilfe eines neuen Vorwandes durch, den Körper des Mädchens zu berühren und sie, wie in längst vergangenen Zeiten, zu schlagen.

Ein Traum ist nur selten die Darstellung, man könnte sagen: Inszenierung eines einzigen Gedankens, meist einer Reihe von solchen, eines Gedankengewebes. Aus dem Traume Hanolds läßt sich noch ein anderer Bestandteil des Inhaltes hervorheben, dessen Entstellung leicht zu beseitigen ist, so daß man die durch ihn vertretene latente Idee erfährt.