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»Du hast es nicht sehr gut gehabt, Onkel Gotthold«, dachte er. »Du hast es zu spät gelernt, Zugeständnisse zu machen, Rücksicht zu nehmen ... Aber das ist nötig ... Wenn ich wäre wie du, hätte ich vor Jahr und Tag bereits einen Laden geheiratet ... Die dehors wahren!... Wolltest du es überhaupt anders, als du es gehabt hast?

Es war nicht dies allein. Auch das Leben, das Christian außerhalb des Hauses, und zwar meistens gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Doktor Gieseke, seinem Schulkameraden, führte, verfolgte der Konsul mit Widerwillen. Er war kein Mucker und Spielverderber. Er erinnerte sich wohl seiner eigenen Jugendsünden. Er wußte wohl, daß seine Vaterstadt, diese Hafen- und Handelsstadt, in der die geschäftlich hochachtbaren Bürger mit so unvergleichlich ehrenfester Miene das Trottoir mit ihren Spazierstöcken stießen, keineswegs die Heimstätte makelloser Moralität sei. Man entschädigte sich hier für seine auf dem Kontorbock seßhaft verbrachten Tage nicht nur mit schweren Weinen und schweren Gerichten ... Aber ein dicker Mantel von biederer Solidität bedeckte diese Entschädigungen, und wenn es Konsul Buddenbrooks erstes Gesetz war, »die Dehors zu wahren«, so zeigte er sich in dieser Beziehung durchdrungen von der Weltanschauung seiner Mitbürger. Der Rechtsanwalt Gieseke gehörte zu den »Gelehrten«, die sich der Daseinsform der »Kaufleute« behaglich anpaßten, und zu den notorischen »Suitiers«, was ihm übrigens jedermann ansehen konnte. Aber wie die übrigen behäbigen Lebemänner verstand er es, die richtige Miene dazu zu machen,

Also die Kontorstunden innehalten und immer die dehors wahren, wie?...« Und dann machte er ihm einen Vorschlag in betreff der Prokura, den Christian ohne Besinnen und Handeln akzeptierte: mit einem verlegenen und zerstreuten Gesicht, das von sehr wenig Habsucht und einem eifrigen Bestreben zeugte, die Sache rasch zu erledigen.

"Der gänzliche Mangel eines aufrichtig feurigen Interesses, das ihn in Anspruch genommen hätte, die Verarmung und Verödung seines Innern, verbunden mit einer unerbittlichen inneren Verpflichtung und zähen Enschlossenheit, um jeden Preis würdig zu repräsentieren, seine Hinfälligkeit mit allen Mitteln zu verstecken und die Dehors zu wahren, hatte dies aus seinem Dasein gemacht, hatte es künstlich, bewußt, gezwungen gemacht und bewirkt, daß jedes Wort, jede Bewegung, jede geringste Aktion unter Menschen zu einer anstrengenden und aufreibenden Schauspielerei geworden war."

Thomas Buddenbrooks Dasein war kein anderes mehr als das eines Schauspielers, eines solchen aber, dessen ganzes Leben bis auf die geringste und alltäglichste Kleinigkeit zu einer einzigen Produktion geworden ist, einer Produktion, die mit Ausnahme einiger weniger und kurzer Stunden des Alleinseins und der Abspannung beständig alle Kräfte in Anspruch nimmt und verzehrt ... Der gänzliche Mangel eines aufrichtig feurigen Interesses, das ihn in Anspruch genommen hätte, die Verarmung und Verödung seines Inneren eine Verödung, so stark, daß sie sich fast unablässig als ein unbestimmt lastender Gram fühlbar machte verbunden mit einer unerbittlichen inneren Verpflichtung und zähen Entschlossenheit, um jeden Preis würdig zu repräsentieren, seine Hinfälligkeit mit allen Mitteln zu verstecken und die »Dehors« zu wahren, hatte dies aus seinem Dasein gemacht, hatte es künstlich, bewußt, gezwungen gemacht und bewirkt, daß jedes Wort, jede Bewegung, jede geringste Aktion unter Menschen zu einer anstrengenden und aufreibenden Schauspielerei geworden war.