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Aus Eifersucht? dachte Corneille: das wäre ja eine ganz gemeine Frau; nein, meine Kleopatra muß eine Heldin sein, die noch wohl ihren Mann gern verloren hätte, aber durchaus nicht den Thron; daß ihr Mann Rodogunen liebt, muß sie nicht so sehr schmerzen, als daß Rodogune Königin sein soll, wie sie; das ist weit erhabner. Ganz recht; weit erhabner und weit unnatürlicher.

Selbst der "Polyeukt" des Corneille ist, in Absicht auf beide Anmerkungen, tadelhaft; und wenn es seine Nachahmungen immer mehr geworden sind, so dürfte die erste Tragödie, die den Namen einer christlichen verdienet, ohne Zweifel noch zu erwarten sein. Ich meine ein Stück, in welchem einzig der Christ als Christ uns interessierst. Ist ein solches Stück aber auch wohl möglich?

Als er daher mit dem Könige Jakob von Schottland in geheime Unterhandlung trat, ließ er es das erste sein, ihn zu versichern, daß er selbst dergleichen ehrgeizige Gedanken nie gehabt habe. Was er hier von sich ablehnte, ist nicht viel weniger, als was ihn Corneille voraussetzen läßt.

Nicht als ob diese Furcht hier eine besondere, von dem Mitleiden unabhängige Leidenschaft sei, welche bald mit bald ohne dem Mitleid, sowie das Mitleid bald mit bald ohne ihr, erreget werden könne; welches die Mißdeutung des Corneille war: sondern weil, nach seiner Erklärung des Mitleids, dieses die Furcht notwendig einschließt; weil nichts unser Mitleid erregt, als was zugleich unsere Furcht erwecken kann.

Aber sicherlich hat keine das bei sich gedacht und empfunden, was Corneille seine Kleopatra selbst von sich sagen läßt; die unsinnigsten Bravaden des Lasters. Der größte Bösewicht weiß sich vor sich selbst zu entschuldigen, sucht sich selbst zu überreden, daß das Laster, welches er begeht, kein so großes Laster sei, oder daß ihn die unvermeidliche Notwendigkeit es zu begehen zwinge.

Thomas Corneille hat ihm von der englischen Geschichte nur wenig gewußt; und zum Glücke für den Dichter war das damalige Publikum noch unwissender. "Itzt", sagt er, "kennen wir die Königin Elisabeth und den Grafen Essex besser; itzt würden einem Dichter dergleichen grobe Verstoßungen wider die historische Wahrheit schärfer aufgemutzet werden".

Corneille bekannte, daß er sich auf dieses Trauerspiel das meiste einbilde, daß er es weit über seinen "Cinna" und "Cid" setze, daß seine übrige Stücke wenig Vorzüge hätten, die in diesem nicht vereint anzutreffen wären; ein glücklicher Stoff, ganz neue Erdichtungen, starke Verse, ein gründliches Raisonnement, heftige Leidenschaften, ein von Akt zu Akt immer wachsendes Interesse.

Einer Eifersüchtigen ist es allerdings natürlich, daß sie gegen ihre Nebenbuhlerin noch unversöhnlicher ist, als gegen ihren treulosen Gemahl. Aber die Kleopatra des Corneille, wie gesagt, ist wenig oder gar nicht eifersüchtig; sie ist bloß ehrgeizig; und die Rache einer Ehrgeizigen sollte nie der Rache einer Eifersüchtigen ähnlich sein.

Mit den Beispielen der Alten hätte Corneille noch weiter zurückgehen können. Viele stellen sich vor, daß die Tragödie in Griechenland wirklich zur Erneuerung des Andenkens großer und sonderbarer Begebenheiten erfunden worden; daß ihre erste Bestimmung also gewesen, genau in die Fußtapfen der Geschichte zu treten und weder zur Rechten noch zur Linken auszuweichen. Aber sie irren sich.

Das gänzlich unverschuldete Unglück eines rechtschaffenen Mannes, sagt Aristoteles, ist kein Stoff für das Trauerspiel; denn es ist gräßlich. Aus diesem Denn, aus dieser Ursache, macht Corneille ein Insofern, eine bloße Bedingung, unter welcher es tragisch zu sein aufhört. Aristoteles sagt: es ist durchaus gräßlich, und eben daher untragisch.